Es geht los - oder Freud und Leid nahe beisammen (2/2)

 
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Nun, es kann sein, dass die nächsten paar Zeilen den einen oder anderen Shitstorm auslösen oder das Gefühl vermitteln, dass ich/wir arrogante blöde Schnösel seien. Bitte versteht die kommenden Zeilen nicht falsch. Auch sollte es nicht arrogant wirken. Nun dazu aber mehr.

Die Landung in Singapur war wie der Start in Zürich. Man merkt einfach nicht, wenn dieser Riesenvogel den Boden verlässt oder wieder berührt, das ist so geil! Oder aber die Piloten waren einfach Könner in ihrem Fach.

Schnell waren wir aus dem Flugzeug und am Anstehen für die Einreise. Die Singapurer, oder sind das Singapuraner (?), haben offenbar ihre Einreiseprozedere den Amerikanern nachgemacht: Viel zu wenig Schalter für viel zu viele einreisende Personen. Und… und, man darf seine Daumen nun auch in diesem Land auf einer Glasplatte (natürlich mit darunterliegendem Scanner) verewigen. Da natürlich sehr viele Menschen täglich nach oder via Singapur reisen, dauert denn das Prozedere pro Gast auch eine gefühlte Ewigkeit. Nun, uns ja egal. Wir haben ja Zeit. Auch nervt mich Anstehen, solange es gesittet zu und her geht, eigentlich nicht wirklich. Nina ist da anders. Sie ist genervt. Hat zu wenig geschlafen. Und, wichtig, zu wenig gefrühstückt. Hangry nennen wir das. Erklären muss ich diese Wortschöpfung nicht, oder? Wie immer rauschen die beiden Schlangen neben uns an uns vorbei und wir scheinen keinen Meter vorwärts zu kommen. Irgendwann lässt der Einreisegott aber Gnade walten und bittet uns zum Daumenabdruckscanner. Nach ca. 1 Minuten stehen wir in der Gepäckhalle des Flughafens, hieven unsere Koffer vom Gepäckförderband und mich beschleicht das Gefühl, dass ein roter Pass hin- und wieder kein schlechtes Accessoire ist.

Man liest ja im Vorfeld viele schlimme Dinge über Singapur. Man darf nicht auf die Strasse spucken, man darf keine Kaugummis einführen, Homos dürfen nicht Händchen halten, und so weiter. Und, eine Zigarette ist die stäbchenförmige Inkarnation des Teufels. Ist sie ja irgendwie auch. Aber in Singapur scheint man dem Ganzen nochmals eine weitere Stufe der Teufelei zu verleihen. Keinen einzigen Raucherbereich von Flugzeug bis Zoll. Das ist aber heut zu Tage auch normal. Ausser in der Schweiz. Da stolpert man förmlich darüber, steigt man aus einem Flugzeug (zumindest den Langstreckenflugzeugen). Und in Singapur liest man auch, dass, jedes Mal wenn man irgendwo eine Zigarette raucht, ein Polizist hinter einem Gebüsch hervorspringt und einem kontrolliert. Man muss dann vorweisen, dass man die Zigaretten korrekt gekauft und versteuert hat. Kann man das nicht, drohen Stockhiebe oder sogar Landesverweis. Drakonisch, wenn man es mit Strafen in der Schweiz vergleicht. Und wir müssen unser «Glück» ja nicht gleich an der ersten Destination herausfordern.
Also schnell hin zur Zollbehörde, die Stange Zigarette auf den Tresen und den Blick zur Dame hinter dem Tresen richten. Ihre Reaktion war anders als erwartet. Mit einem eher müden Blick fragte sie, ob wir das verzollen wollen. Ja gut, wollen ist anders. Aber ja, richtig machen wollen wir es. Und natürlich an die hiesigen Gesetze wollen wir uns ebenfalls halten. Also Kreditkarte gezückt und 134 Singapur Dollar bezahlt. Das sind rund 100 Schweizer Franken. Hatte mich im Vorfeld über die Zollgebühren auf der offiziellen Singapur-Zoll-Website informiert und da war es deutlich teurer. Also bereits das erste Schnäppchen gemacht? Die angefangenen Päckchen dürften wir ausschliesslich in der Hotelanlage rauchen. Als würde das einer merken, welche Zigaretten nun zur Stange gehörten und welche nicht.

Danach steuerten wir raus in Richtung Taxistand wo wir eine Raucherzone zu finden hofften. Nach rund 12 Stunden im Flugzeug sehnten wir uns nach einem Glimmstängel, obwohl der Drang erstaunlicherweise klein war. Nirgends Aschenbecher, nirgends eine ausgeschilderte Raucherzone. Auch für ein Land, welches offenbar den Rauchern massiv den Kampf angesagt hatte. Kommen doch hier täglich tausende (wohl auch rauchende) Touristen an. Wir fragten einen der Taxifahrer und der deutete an, dass wir auf das Abfluggeschoss müssten um zu rauchen.

Zwei Zigaretten später, also Nina eine und ich eine, mit Bargeld versorgt, steuerten wir wieder in Richtung Taxis. Welch ausgeklügeltes System! Eines, welches man sich auch am Zürcher Hauptbahnhof oder am Flughafen Zürich wünschen würde. Man kriegt vom zuständigen Taxi-Concierge eine Nummer, welche mit einer Leuchtnummer am Taxistand-Dach korrespondiert und geht da hin. Auch fährt bereits ein Taxi ein. Kein Drängeln, kein «Zukurzkommen», keine Missverständnisse, keine Taxifahrer welche sich übergangen fühlen. In Sachen Anstehen und Ordnung sind uns die Asiaten halt einfach einen oder zwei Schritte voraus. Und dann das nächste Hightlight: eine Flatfare. Kein mühsames Handeln, kein «hoffentlich kostet es nicht zu viel». Man sieht den maximalen Preis und wenn man Glück hat, so wie in unserem Falle, ist es am Ende der Fahrt sogar noch günstiger. Rund 20 Minuten Fahrt kosteten umgerechnet 20 Franken. Kein Vergleich zur morgendlichen Taxifahrt in der Schweiz. Wir sind glücklich, der Taxifahrer ist es auch. Zumindest schien es so.

Beim Hotel ankommen, der Flug kam eine Stunde zu früh an, und wir waren für einen Checkin sowieso einen knappen halben Tag zu früh, liess uns dies dann auch die etwas demotivierte Dame an der Reception wissen. Ob wir eine Nacht früher gebucht hätten. Nein. Ob wir Early Checkin gelöst hätten. Nein. Freunde, wir sind hier in einem 5-Sterne Hotel. Eigentlich hätte ich zuerst eine freundliche Begrüssung und den üblichen Welcome-Drink oder zumindest ein kühles Erfrischungstuch erwartet. Die Dame liess sich dann dennoch herab und nuschelte etwas von «ich schaue, ob ich Sie in ein Zimmer verlegen kann, welches bereits frei ist. Gut. Jetzt kommen wir der 5-Sterne-Sache näher. Nicht, dass ich diesen Umplatzierungsservice erwartet hätte… also irgendwie eigentlich schon. Aber hätte nicht sein müssen und unser Verständnis, hätte es kein freies Zimmer gehabt, wäre gross gewesen. Das Hotel kann ja schliesslich nichts dafür, dass der Gast einen frühen Flug gewählt und der Pilot den Turbo aktiviert hatte. Was wir allerdings erwartet hätten, wäre eine kurze Erklärung zur Hotelanlage anhand eines Planes. Wir hätten erwartet, dass wir kurz über die Gepflogenheiten im Hotel (zum Beispiel brauchen wir eine Reservation für die Restaurants, etc.) informiert worden wären. Und eben, ein warmes Willkommen. Nicht, dass wir ständig überall auf der Welt in 5-Sterne Hotels übernachten, allerdings ist das auch schon vorgekommen. Und unserer Erfahrung nach gehören die aufgezählten Punkte einfach dazu. Darum geht es doch. Viel zu bezahlen und sich unheimlich wichtig vorzukommen. Oder sich wenigstens willkommen fühlen.

Der Gepäckmann (wie heisst das korrekt?) führte uns dann aufs Zimmer und lud unsere Koffer ab. Als ich ihm Trinkgeld geben wollte war er etwas irritiert. Gut, das hätte man im Vorfeld recherchieren können. Gemäss Internet ist Trinkgeld in Singapur eher unüblich resp. an vielen Stellen bereits im Service eingerechnet. Angenommen hat er dann aber trotzdem. Ich fragte ihn noch kurz, wo denn der nächste Rauchbereich wäre, worauf er meinte, es gäbe da unten so ein Pavillon, welcher eigentlich kein Raucherbereich sei aber alle da rauchen würden. Ok. Er hätte auch sagen können «ich weiss es nicht, aber da unten sehe ich immer wieder Leute die verbotenerweise unter dem Pavillon rauchen». Wir würden es herausfinden.
Das Zimmer war 1A. Kann man nicht meckern! Ein grosses, bequemes Bett, ein grosszügiges Badezimmer mit Badewanne, separater Dusche, natürlich ein WC sowie ein grosses Waschbecken. Und Schränke mit Safe (mir immer wichtig) sowie eine gut bestückte Minibar inkl. Kaffeemaschine mit gratis Kaffee. Für Nina sehr wichtig.

Nun musste ein Plan her, wie wir die nächsten 12 Stunden überlebten, ohne in einem Jetlag-Loop gefangen zu werden. Einen, so wie wir es nennen, Jetlag-Loop hatten wir während unseres Urlaubs in Hongkong. Man erreicht das Hotel mitten in der Nacht, schläft dann, kriegt einen komischen Rhythmus, schläft wieder (und zu lange) und kommt nicht mehr aus dem Bett raus. Schläft pro Nacht 10 – 12 Stunden und beginnt den Tag erst nachmittags. Ganz schlimm. Also vor allem verpasst man so seinen Urlaub.
Daher einigten wir uns, kurz den vom Gepäckmann vorgeschlagenen Pavillon aufzusuchen und danach uns für ca. 2 – 3 Stunden nochmals ins Bett zu legen. So checkt der Körper nicht, dass er eigentlich die halbe Nacht wach war und er meint dann, er stünde normal auf. Geile Idee. Und hinterlistig, dem Körper gegenüber. So sind wir.

Wir suchten also den Pavillon, von dem der Gepäckmann gesprochen hatte. Und tatsächlich, da sass ein rauchender Asiate an einem Tisch. Es war zwar weit und breit kein Aschenbecher zu sehen, aber das war dann wohl ebendieser Umstand, welcher der Gepäckmann erzählt hatte. Also hin, Zigarette rauchen, schnell und heimlich, es wuchs Gebüsch um uns herum und man weiss ja nie. Anschliessend zogen wir uns ins Zimmer zurück, putzten uns die Zähne, verdunkelten alles und 2 Sekunden waren wir beide bereits im Land der Träume.

Drei effektive und gefühlte zehn Schlaf-Stunden später rissen uns die Wecker aus dem Tiefschlaf. Gerade noch rechtzeitig vor dem Eintauchen in den Jetlag-Loop. Das war knapp.

Nun sollte es aufgehen, um die Hotelanlage zu erkunden. Also, umgezogen und etwas aufgehübscht, dazu braucht es ja nach einem 12-Stunden-Flug nicht viel. Als erstes suchten wir nach der Poolanlage.
Bereits von Weitem hörten wir ein Wummern von lauter Musik und irgendwelche adaptierten Weihnachtslieder im 80er und 90er Stil. Mariah «hör auf zu singen» Carey war dabei, irgendwelche Mexikaner mit einer Lobeshymne auf Maccaroni und die Backstreet Boys sangen, dass sie zurück waren. Schlimmer Mix denkt ihr jetzt. Schlimmer wurde es, als wir dann bei der Poolanlage selbst ankamen. Die Musik dröhnte mit gefühlten sieben Millionen Dezibel aus zwei Lautsprechern von einer «Bühne», über welcher der Schriftzug «Merry Christmas» prangte.
Und der Pool, rund 50 mal 30 Meter breit, war voll mit schreienden Kindern, an Mobiles herumfummelnden Asiaten (kein Scheiss! Ich wusste nicht mal, dass man Mobiles in den Pool nehmen kann… aber hier sind uns die Asiaten wohl auch bereits wieder voraus) und weiteren, offenbar partysüchtigen Personen. Auch die spärlichen Liegen rund um den Pool waren gerappelt voll.

Wir standen irritiert und verloren zwischen den Liegen und wussten nicht so recht wohin mit uns. Wir suchten eigentlich Erholung und schienen nun aber am Tor zur Hölle zu stehen. Als wären wir noch im Traum hängengeblieben, in einem schlechten allerdings. Und allen schien die aktuelle Situation zu gefallen. Alle schienen sie so Weihnachten feiern zu wollen. Und wir dachten immer, dass Menschen, welche keine Weihnachten feiern wollen, gerade deshalb in den Urlaub fahren. Um dem ganzen Trubel zu entfliehen. Nicht so hier. Die ganze Szene erinnerte uns eher an einen Hotelpool in Las Vegas, wo es schliesslich den ganzen Tag ums Partymachen und Feiern und saufen geht. Nichts, aber wirklich nichts, erinnerte uns an ein verdammt teures 5-Sterne-Resort-Hotel. Ballermann in Singapur hätte es in diesem Moment besser beschrieben.

Hoffnung musste her! Und so sagten wir uns, dass es wohl am Jetlag liegt, dass wir das alles hier unterirdisch fanden. Und an Weihnachten. Vielleicht ist dies der weihnachtliche Sinn der 5-Sterne-Hotels in Singapur und ist am morgigen Tag wieder vorbei. Wir beschwörten uns gegenseitig. Machten uns Hoffnung in einer Situation wo es für uns schier keine Hoffnung mehr gab. Und da war er, der Lichtblick am Ende des Tunnels: ein ausgewiesener Raucherbereich! Also eigentlich war es der Beginn des Abstieges zum Strand. Allerdings prangte oben an der Treppe ein entsprechendes Schild und eine aschenbecherähnliche Tonne stand daneben. Inklusive zerdrückte Kippen. Hoffnung keimte auf, dass der Tag doch noch etwas Gutes bereithalte. Nun, ändern konnten wir es in diesem Moment nicht und suchten uns daher eine freie Liege, platzierten uns und bestellten etwas zum Trinken.

Stunden später verliessen wir den Poolbereich und suchten unser Zimmer auf. Chillen, lesen, ein bisschen im Internet rumhängen sowie Duschen standen auf dem Programm. Etwas Zeit bis zum Abendessen überbrücken. Diese Zeit brauchen wir jeweils. Nur Nina und ich. Das ist es, was wir mögen.

Später am Abend steuerten wir also das erste Restaurant an. Gemäss Infobüchlein des Hotels im Zimmer, das Restaurant mit der meisten Auswahl (also westliche und asiatische Küche), für den ersten Abend sollte das reichen und keine grossen Experimente mit sich bringen. Am Restaurant ankommen, begrüsste uns die Dame am Empfang und teilte uns mit, dass heute ausschliesslich Buffetbetrieb, weil Weihnachten, sei. Und pro Person würde dies zwischen 150 und 180 Schweizer Franken (!!!) kosten. Nina und ich sahen uns etwas ungläubig an, weil wir zuerst dachten, wir hätten die Damen falsch verstanden. Daher fragte ich nach, worauf die Antwort «yes, one-five-eight without alcohol and one-eight-nine with alcohol» kam. Offenbar übertrug sie ihre schlechten Englischkenntnisse auch auf andere Menschen. Da wir nicht das ganze Buffet verspeisen wollten und grundsätzlich nicht so die «all-you-can-eat»-Menschen sind (wir essen schlicht zu wenig, als wir den Preis wieder herausholen würden), lehnten wir dankend ab und suchten das nächste Restaurant auf.
Und die spärliche Menükarte, sie war sehr klein, welche wir von weitem sahen liessen nichts Gutes vermuten. Als wir näherkamen und die Karte lesen konnten, realisierten wir, dass sie offenbar an dem Abend nur ein einziges Menu servierten. Als ich eine Dame fragte, ob es auch à la carte gebe, meinte sie, dass, weil Weihnachten, heute nur ein Weihnachtsmenu zur Verfügung stehen würde.

Also lasen wir uns dieses Weihnachtsmenü genauer durch. Vielleicht hätten wir ja Lust da drauf. Allerdings verstanden wir jedes 3 Wort auch auf Deutsch nicht (also natürlich nur die Essbaren Dinge) und sahen, dass bei einem Gang noch Foie Gras serviert würde, mussten wir auch bei diesem Restaurant die Segel streichen. Wer zum Henker isst heut zu Tage noch gestopfte Gänseleber?! Allerdings muss das wieder jeder für sich ausmachen. Wir finden, so was gehört nicht (mehr) auf den Tisch.

Also blieb uns nur noch die eine Bar übrig. Diese servierte neben Getränken auch so Snacks und leichte Menus. Wir bestellten uns (horrend teure) Fish & Chips und waren einigermassen zufrieden mit unserem Abendessen. Ein Bier dazu und schon sah die Welt wieder etwas freundlicher aus.

So ging der Tag dann zu Ende. Etwas ernüchtert, etwas irritiert und mit viel Hoffnung, dass die nächsten Tage mehr Gutes bringen würde.

Man kann sagen, dass sich unsere Ansprüche oder Aussagen auf einem «First-World-Problem»-Level bewegen. Ja, ich erwarte in einer Hotelanlage mehr als einen ausgeschilderten Raucherbereich (wenn man denn schon so ein Theater ums Rauchen macht und jedem Touristen vorgaukelt, dass er die Todesstrafe kriegt wenn er am falschen Ort raucht), und ja, ich erwarte einen Welcome-Drink oder ein warmes Lächeln, und ich erwarte, wenn man einen Party-Pool hat, auch einen «Relax-Pool» wo man sich dem Trubel entziehen kann. Auch erwarte ich ein Restaurant in welchem mir kein Menu aufgezwungen wird und so weiter. Gerade in einem 5-Sterne-Resort erwarte ich das. Ich bezahle viel, also erwarte ich ebenso viel. Zumindest sind wir uns dies von anderen Resorts so gewohnt.

In diesem Sinne, auf hoffentlich bessere Tage auf Sentosa.

 
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Und es wird doch alles gut – 5 Tage entspannen im Sofitel Sentosa Resort & Spa

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